Was bedeutet Aufwärmen im Taiji für mich?
Von Barbara Lee-Gehring www.chentaiji.ch
Als Taijipraktizierende und - unterrichtende, Sportlehrerin und Therapeutin, ist es mir wichtig, dass ich mit den Übungen den Leuten über das Taiji hinaus helfen kann, sowohl ihren Körper (insbesondere den Rücken), als auch den Geist gesund zu erhalten und in Balance zu bringen.
Beim Aufwärmen und Vorbereiten geht es also nicht nur darum den Körper so auszubilden , dass er taijitauglich wird, sondern auch darum muskulären Dysbalancen welche durch den Alltag (vorallem zuviel Sitzen) entstehen entgegenzuwirken und mentale Entspannung zu finden.
Das Ziel von Taiji ist, einen Taijikörper auszubilden. Haben wir so einen, können wir uns korrekt im Taijiprinzip bewegen. Ein Taijikörper beinhaltet einen balancierten, verbundenen, entspannten Körper und Geist. Wir sollen uns aus der Mitte, aufrecht und agil bewegen und den Seidenfaden spulen können. Dann machen wir korrektes Chen Taiji.
Dies kann niemand einfach so. Deshalb müssen wir lernen, den Geist zu beruhigen und dann über diesen den Körper anzusteuern zu öffnen und lösen. So werden wir an den richtigen Körperstellen genug beweglich und durchlässig um das Prinzip überhaupt umzusetzen. Deshalb brauchen wir die Aufwärmübungen, die uns helfen dabei.
Diese Übungen, das Fangsongong (Entspannungsarbeit), sind für mich sehr zentral. Sie sind der erste Schritt, um lernen nach innen zu hören, die Wahrnehmung zu fördern, Blockaden zu lösen und alles zu entspannen, was wir nicht brauchen in DEM Moment, sowohl körperlich als auch geistig.
Beim Fangsongong müssen wir uns noch nicht im richtigen Prinzip bewegen, wir dürfen den Kopf hängen lassen, die Arme frei schwingen etc.
Ich finde es gut zuerst in eine übermässige Entspannung zu investieren in den Yin Aspekt, welcher den meisten von uns ziemlich abhanden gekommen ist. Das hat mich Meister Chen Bing gelernt und mir persönlich enorm geholfen. Später müssen wir die erarbeitete Entspannung aufrecht erhalten in der korrekten Körperposition, was bedeutet, Yang Aspekte umsetzen zu können (Bsp gerade aufrechte Position). Dies ist um einiges schwieriger als uns zu entspannen, wenn wir den Kopf hängen lassen dürfen. Viele Menschen haben grosse Spannungen in der aufrechten Position.
Wie und warum gestalte ich mein Aufwärmen so wie es ist?
Als Therapeutin ist es mir wichtig, dass die Leute nach einem strengen Arbeitstag zuerst zu sich kommen, aufatmen und abschalten können.
Ich beginne deshalb mit einer Meditation und einer Selbstmassage. Ich mag Selbstmassage sehr, weil wir über unsere Hände in Kontakt mit uns selber treten können und man sich so selber besser spüren lernt.
Ich versuche, wie weiter oben erwähnt, auch in jeder Lektion etwas zu machen gegen die üblichen Verkürzungen, welche ein Büroalltag mit sich bringt und lasse die Leute zudem am Boden starten. Etwas zu machen, was sie sonst nicht machen: am Boden sitzen. Das öffnet die Hüften und je nach Positionen die Füsse und Beine.
In jedem Training die Wirbelsäule in jede Richtung zu strecken und durchzubewegen ist ein weiteres zentrales Ziel. Dies können dehnende und oder auch mobilisierende Übungen sein.
Im Taiji soll der Oberkörper weich und beweglich sein und der Unterkörper stabil. Das bedeutet, dass ich viel Zeit investiere, den oberen Teil des Körpers zu entspannen: Nacken, Schultern, Wirbelsäule sind zentral und daran arbeiten wir in jedem Training. Unser Meister Chen Bing hat tolle Mobilisations – und Dehnübungen dazu entworfen. Ich übernehme viele der Übungen und deren Idee, aber ich spiele auch mit ihnen und verändere sie, sonst wird mir langweilig.
Zudem gibt es diese wunderbaren runden oder wellenförmigen Mobilisationsübungen von Chen Xiaowang, bei welcher wir aus dem Dantian rotieren oder die Wellenübung die ich bei Cate gelernt habe . (Die hat mir meinen Rücken geheilt!) . Für mich sind das die «Weichspülerübungen» , lange eine bestimmte mobilisierende Bewegung wiederholen, bis der Körper nicht mehr anders kann, als sich einfach zu entspannen.
Und dann sind da noch zig Varianten vom Schütteln, welche bei mir regelmässig ins Aufwärmen einfliessen. Schütteln finde ich genial und hat mir selber unglaublich viel geholfen.
Es gibt so viele tolle Aufwärmübungen dass es unmöglich ist, überall vorbeizukommen, in der halben Stunde, dich ich diesen zugestehe in einer Trainingseinheit. Weil es für die Leute aber wichtig ist, zuerst einmal loszulassen und sich durchzubewegen, gebe ich ihnen relativ viel Raum. Dies geht auf Kosten des restlichen Taijitrainings . 75 Min sind einfach zu kurz! Man müsste ja mindestens noch 20 Min Stehen, 15 Min Seidenübungen machen und dann Formtraining und Tui Shou, und Waffen….Ihr seht das Dilemma. Deshalb muss man zuhause weiterüben J
Zwei Übungen die ich fast in jedem Training mache ist die unten folgende von Chen Bing (um den Nacken öffnen) und die Welle von Cate, (welche den Rücken schön geschmeidig hält). Die Welle muss ich niemandem erklären muss, die kennen alle.
Die Übung unten und auch andere von Chen Bing sind in seinem Buch zu finden. Es lohnt sich diese genau zu lernen und von jemandem, welcher sie kennt überprüfen zu lassen. So kann man sicher sein diese auch richtig verstanden zu haben. Insbesondere die hier vorgestellte Übung sollte korrekt ausgeführt werden!
Ps: Dieser Artikel ist meine Sichtweise, welche sich aus meiner persönlichen Wissens- und Verspannungsgeschichte heraus entstanden ist und hat keine Allgemeingültigkeit.


