Aufbau des Systems nach Chen Xiaowang
Chen Stil Taijiquan
(aus "CHEN" von Meister Jan Silberstorff, 2010 und "Chen Taijiquan" von Ausbilderin Manuela Schönfeld)
Taijiquan ist eine alte chinesische Kampf- und Bewegungskunst. Sie dient der Lebenspflege, Gesundheit, der ganzheitlichen Entwicklung von Körper und Geist sowie der Selbstverteidigung.
Dieses Ende des 17. Jahrhunderts in der Chen Familie entstandene System ist eine sogenannte innere Kampfkunst. Sie verbindet Bewegungen der Selbstverteidigung (Wushu) mit der Führung der inneren Energie (Qigong).
Die Bewegungen sind sanft und fliessend, voller Ausdruck, Schönheit und Energie.
Taijiquan ist körperkräftigend, fördert die Körperwahrnehmung, das Gleichgewicht, die Konzentration, die Ausdauer und das Selbstbewusstsein.
Taijiquan ist therapeutisch (Stressabbau/Muskelaufbau) und kämpferisch (Selbstverteidigung) einsetzbar.
Das System des Chen Stil Taijiquan
Das Chen-Taijiquan ist ein logisch aufgebautes, komplexes Kampf- und Gesundheitssystem. Es ist in seiner Art vollständig. Es besteht im Wesentlichen aus den folgenden aufeinander aufbauenden Bereichen, die allerdings nur die Grundpfeiler des Systems darstellen:
1. Stehende Säule (Zhanzhuang)
In der Stehenden Säule lernen wir uns zu zentrieren, Energien zu wecken und diese im Körper anzusammeln. Dies ist die Voraussetzung für die Seidenübungen.
Mit der Übung Stehende Säule stellen wir unsere natürlich aufrechte Haltung wieder her, bringen unseren Körper und Geist zur Ruhe und stellen somit die Einheit zwischen unserem Körper und Geist her.
2. Seidenübungen (Cansigong)
Cansigong, wörtlich "Übungen der Seidenraupe", bildet ohne Übertreibung die Essenz, das Wesen des Taijiquan. Alle Bewegungen, Übungen, Anwendungen und Techniken finden hier ihren Sinn.
Ohne die Zentriertheit und den energetischen Gesamtzusammenhang aus der Stehenden Säule im Körper zu verlieren, fangen wir an, uns zu bewegen. Unsere Energie wird dabei auf ganz bestimmte Weise durch den Körper geführt.
Das Ziel dieser Basisübung ist es, alle Glieder des Körpers miteinander in Einklang zu bringen, Aufmerksamkeit und Bewegung miteinander zu verbinden und einen Energiefluss im Körper während einer Bewegung herzustellen und zu harmonisieren.
3. Hand-Formen (Taolu)
Die Handformen, so kann man ohne zu übertreiben sagen, bilden das Juwel des Taijiquan. Hier versuchen wir die in der Stehenden Säule und den Seidenübungen erlernten Prinzipien in weit komplexeren Bewegungsabläufen umzusetzen.
In der Form werden gleichmässig langsame und sanfte Bewegungen miteinander verbunden und durch schnelle explosionsartige (Fajin) Bewegungen unterbrochen.
4. Waffen-Formen (Wuqi)
Es gibt im Chen Stil grundsätzlich sechs Grundwaffenformen:
Säbel, Schwert, Stock/Speer, Hellebarde, Doppelschwert, Doppelsäbel.
Waffentraining schult die Konzentration, das Distanzgefühl, die Koordination, das präzise Arbeiten sowie die Muskelkraft, Sehnen werden gestärkt.
5. Schiebende Hände (Tuishou)
Die Scheibenden Hände Übungen wurden im 17. Jahrhundert von Chen Wangting (9. Generation der Chen Familie und Begründer des Taijiquan) entwickelt.
Es gibt fünf Routinen (Übungen), die zu zweit, also mit einem Partner ausgeführt werden.
Wir lernen, die Kraft des Gegners zu spüren, sie aufzunehmen, umzuleiten und ihr unsere eigene Kraft dazuzugeben, um unseren Gegner aus seinem Gleichgewicht zu bringen.
6. Anwendungen (Fangshengshu)
Sinngebung von Hand- und Fußstellungen
Das Chen Stil Taijiquan ist ein hoch effizientes Kampfkunstsystem. Dies wird auch an den vielen Anwendungsmöglichkeiten der einzelnen Figuren aus den Formen sichtbar. Zum besseren Verständnis einzelner Bewegungsabläufe und zur Sinngebung von Hand- und Fußstellungen werden verschiedene Anwendungsmöglichkeiten demonstriert und eingeübt. Im Anwendungsverständnis des Taijiquan nehmen Gleichgewicht, Struktur und sensitive Wahrnehmung eine übergeordnete Stellung ein. Die Vermittlung orientiert sich mehr an Bewegungsprinzipien als an dem Einüben von Techniken.
Handformen im Chen Stil Taijiquan
19er-Form
Diese relativ neue und kurze Form, mit ihren 19 Figuren wird bei uns als Anfängerform unterrichtet. Sie weist allerdings alle Herausforderungen des klassischen Chen Stil Taijiquan auf. Sie gliedert sich in vier Teile und beinhaltet neben den Figuren und Bewegungen des Alten Rahmen (Laojia), zwei Figuren des Neuen Rahmen (Xinjia) und zwei Bewegungen des Kleinen Rahmen (Xiaojia). Der Ablauf der Neunzehnerform lässt sich relativ schnell erlernen und stellt einen guten Einstieg in das Chen Stil Taijiquan nach Chen Xiaowang dar. Auch in dieser kurzen Form, lässt sich das volle Instrumentarium des Taijiquan, angefangen bei den Bewegungsprinzipien des Taijiquan über Grundtechniken und Körperhaltung / Struktur bis hin zu den Anwendungen und deren Prinzipien erlernen.
Teil 1
- 1. yù beì shì (Vorbereitungsstellung)
- 2. jīn gāng chū (Buddhas Wächter tritt aus dem Tempel)
- 3. lăn zhā yī (Den Mantel befestigen)
- 4. shàng bù xié xíng (Vorwärtsschreiten und die schräge Stellung einnehmen)
- 5. shàng sān bù (Dreifacher Vorwärtsschritt)
- 6. zuŏ yăn shŏu gōng quán (Die Hand verdeckt Arm und Faust–links
- 7. shuāng tuī shŏu (Mit beiden Händen schieben)
Teil 2
- 8. dào juăn gōng (Rückwärtsschreiten und die Arme einrollen)
- 9. shăn tōng bèi (Mit dem Rücken schnell ausweichen)
- 10. yòu yăn shŏu gōng quán (Die Hand verdeckt Arm und Faust – rechts)
- 11. liù fēng sì bì (Sechsmal versiegeln und viermal verschliessen)
Teil 3
- 12. yùn shŏu (Kreisende Hände)
- 13. gāo tàn mă (Hoch in Richtung Pferd strecken)
- 14. yòu dèng yí gēn (Rechter Fersentritt)
- 15. zuŏ dèng yí gēn (Linker Fersentritt)
Teil 4
- 16. yĕ mă fēn zōng - yòu, zuŏ (Die Mähne des Pferdes teilt sich – rechts und links)
- 17. yù nǚ chuān suō (Die Jadefrau wirft das Webschiffchen)
- 18. jīn gāng dăo duì (Buddhas Wächter stampft mit dem Stössel)
- 19. shōu shì (Schlussstellung)